Donnerstag, 10. November 2011

Ein Date mit meinem Selbstmitleid

Das Problem daran, ein Leben zu haben, und Freunde, und irgendwie keinen Grund mehr, abends allein im Zimmer zu sitzen, ist, dass man keine Zeit mehr für Selbstmitleid hat. Wenn meistens Menschen um einen herum sind, und überwiegend nette Menschen, mit denen man gern Zeit verbringt, dann ist entweder für den Moment tatsächlich alles in Ordnung, oder aber man hat zumindest zu viel zu tun, viel zu viel Umgebung, um zu merken, dass nicht alles in Ordnung ist.

Und dann sind es die kleinen Momente zwischendurch, die, die du nicht kommen siehst und die dich überraschen, die plötzlich da sind, und dann hast du auf einmal einen Moment für dich allein, huch, wo kommt der denn her.
Und dann fällt dir auf, wie lange du schon nicht mehr allein mit dir und deinen Gefühlen warst. Und oh, da ist ja immer noch Traurigkeit. Und oh, eigentlich ist es ja ganz schön scheiße, unerwiderte Gefühle für jemanden zu haben. Stimmt ja. Mist. Und was jetzt?
Und dann würdest du am liebsten heulen, aber das geht nicht, du musst ja in ner halben Stunden präsentabel zur Chorprobe erscheinen oder sitzt in der U-Bahn oder läufst durch Karstadt.
Und dann machst du ein Date mit deiner Traurigkeit und deinem Selbstmitleid. "Bis heute abend noch durchhalten, und dann nehme ich mir ein trauriges Buch und eine Schale voll Apfelmus und lege mich ins Bett und heule. Aber bis dahin noch durchhalten. Den Rest des Tages hast du doch auch nichts gemerkt." Ein Plan, aber auf Dauer macht das auch keinen Spaß.

Das ist also ein Vorsatz. Mir Momente nehmen, um mal kurz hinzuhören. "Hey. Wie geht es mir eigentlich gerade?" Mir Zeit nehmen für das Traurigsein. Zeit, in der ich mich mal ganz mit mir beschäftigen kann, ohne Ablenkungen, ohne daran zu denken, was meine Umgebung jetzt wohl denkt, oder wie ich nachher meine roten Augen erkläre, oder dass es doch gerade ganz lustig und nett ist, jetzt stell dich mal nicht so an.
Momente, in denen ich mich ganz bewusst anstelle und anstellen darf. Sowas.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Ich habe Mitbewohner, mit denen die Chemie stimmt. Die Porno-und-Genitalhumor-Chemie. Die ist nämlich genauso wichtig wie die andere Chemie.

(während wir Transporter 3 gucken:)
Ich: Die Szene könnte man auch gut als Ausgangsplot für nen Porno verwenden.
Mitbewohner 3: Genau das hab ich auch gerade gedacht.
Ich: freue mich mehr als an Weihnachten
Wir: high-five
Ich: Meine beste Freundin und ich wollen später mal eine Porno-Produktionsfirma gründen. Vielleicht nehmen wir das hier ja mit auf.

(am nächsten Abend, während wir Batman Begins gucken:)
Mitbewohner 4: Wäre die Szene nicht auch was für eure Pornofirma?
Ich: Tatsächlich! Du bist gut! Vielleicht stellen wir dich ja ein ... eine aufstrebende Firma wie unsere, da gibt es bestimmt viele Stellen zu besetzen ...
Mitbewohner 4: lacht Vor allem "aufstrebend" ist--
Ich: glaube zu verstehen was er meint, weil "aufstrebend", wie genial ist das bitte, und ersticke fast vor lachen
Wir: lachen
Ich: Moment, lachen wir überhaupt über die gleiche Sache? Ich meine, meintest du überhaupt die Anspielung von der ich dachte, dass du sie meintest?
Mitbewohner 4: meinte anscheinend nicht diese Anspielung, versteht aber was ich meine und lacht noch mehr Nein, die meinte ich nicht, aber deine ist viel besser!
Wir: freuen uns und lachen noch etwas länger
Die anderen: beobachten diesen Austausch und finden uns wohl jetzt noch etwas seltsamer als vorher

Sonntag, 16. Oktober 2011

Manchmal, zum Beispiel wenn wir mit einem gemeinsamen Freund im Museum sind, ich mich umdrehe und kurz erschrecke, weil du da stehst, am anderen Ende des Raums und mit dem Rücken zu mir, deinem Rücken, der anscheinend den gleichen Effekt auf mich hat wie alles an dir, denke ich:
Kann ich bitte irgendwelche Rechte auf diesen Rücken haben? Irgendein Dokument, das mir schwarz auf weiß bescheinigt, dass ich jetzt zu dir rübergehen darf, mit meinen Händen über deine Schulterblätter fahren, meine Arme um deinen Oberkörper falten, und mein Gesicht an deine Wirbelsäule drücken. Irgendetwas, das es okay machen würde, jetzt etwas zu tun, und nicht nur hier zu stehen, wie angewurzelt, und dich anzusehen und zu hoffen, dass du dich nicht zu bald umdrehst, weil ich dann wegsehen müsste.
Und dann sehe ich doch weg, obwohl du noch immer in die Betrachtung irgendeines Bildes vertieft bist, schüttle meinen Kopf, kämpfe kurz gegen den Drang an, mich selbst auszulachen, und gehe bestimmt weiter in den nächsten Raum, weil echt mal, so kann das doch nicht weitergehen, meine Liebe, ein bisschen Disziplin, wenn ich bitten darf.

Sonntag, 25. September 2011

Ich würde am liebsten auf den nächsten Mittelaltermarkt laufen und ein Schwert kaufen, um dich vor der Welt zu beschützen.

"Manchmal sagst du etwas und ich kann nicht glauben, dass du erst so kurze Zeit hier sein sollst. Du bist doch in Wirklichkeit bestimmt schon 80, 90, 100 Jahre alt, oder wurdest schon sieben Mal wiedergeboren, denn um so viel zu durchschauen reichen 20 Jahre einfach nicht aus. 

Und dann wieder wirkst du so klein und verletzlich, dass ich dich am liebsten nie wieder aus den Augen lassen würde. Und ich würde am liebsten auf den nächsten Mittelaltermarkt laufen und ein Schwert kaufen, um dich vor der Welt zu beschützen.

Weißt du, was ich glaube?
Ich glaube, während die anderen Kinder damit beschäftigt waren, zu erforschen wie die Welt und die Menschen um sie herum funktionieren, warst du beschäftigt damit, zu erforschen, wie die Welt in dir drin funktioniert. Und da kennst du dich aus. Da fühlst du dich sicher. Und selbst wenn du mal nicht weißt, was los ist, erkennst du doch Muster und findest dich einigermaßen zurecht.

Aber das andere, die anderen Menschen und der Umgang mit ihnen - das ist dir fremd. Das verstehst du nicht und das macht dir Angst. Du lässt es dir nicht anmerken, aber in der Welt da draußen fühlst du dich meistens wie beim Topfschlagen, blind und orientierungslos.

Du täuschst uns alle. Ich glaube auch, du bist einfach ein bisschen zu klug, als gut für dich wäre. Ich glaube, alle haben immer nur gesehen, wie schlau du bist, und deshalb ist niemand auf die Idee gekommen, mal innezuhalten und dir die Welt zu erklären. Dir zu erklären, wie das eigentlich funktioniert, mit Menschen und Kommunikation und diesen ganzen Dingen."

Donnerstag, 22. September 2011

note to self:

Du bist übrigens schön.
Dass die anderen anders sind, heißt nicht, dass sie besser sind.
Dass du anders bist, heißt nicht, dass du weniger gut bist.

Dienstag, 20. September 2011

An Eltern und solche, die es werden wollen.

Das bisschen Pädagogik, das wir hier im Lehramts-Studium haben, ist relativ nutzlos, aber selbst hier lernen wir, dass Erziehung nicht nach dem Prinip "Ich tue A und dann kommt auf jeden Fall B heraus" funktioniert.

So hast du dir das vorgestellt, oder?
Man bekommt Kinder, und wenn man alles richtig macht, kann ja eigentlich nichts schief gehen, dann müssen die ja logischerweise richtig werden. Richtig im Sinne von "so wie du dir das vorstellst".
Aber wir wurden nicht richtig. Wir räumten unsere Zimmer nicht auf, wir mäkelten am Essen herum, wir kippten Gläser um, wir hatten Angst im Dunkeln, wir bekamen schlechte Noten, konnten das kleine 1x1 nicht, wollten nicht Englisch lernen, und schon gar nicht das 10-Finger-System, mochten kein Müsli und keine Radtouren und Wandern auch nicht; lasen, wenn wir eigentlich schon schlafen sollten, saßen am Computer, wenn wir eigentlich schon schlafen sollten, räumten immer noch nicht unsere Zimmer auf, hatten keine Lust, dir bei der Arbeit zu helfen, kriegten es nicht hin, uns alleine eine Wohnung zu suchen, oder einen FSJ-Platz, oder einen Job, oder was auch immer.
Wir wurden einfach nicht so wie du gedacht hattest, und jetzt sind wir volljährig und du trägst immernoch Verantwortung für uns und wir können noch nicht einmal einfach so reibungslos studieren; überhaupt, warum funktioniert eigentlich nichts reibungslos, mit Kindern; nichts so, wie man sich das vorstellt, warum funktionieren diese verdammten Kinder eigentlich nicht?

Weil das nunmal so ist, mit Kindern.
Es gibt übrigens auch keine Garantie auf sie, kein "Dieses ist wohl kaputt, ich würde das gerne zurückgeben, das Geld kriegt man aber rückerstattet, oder?"
Ähm nein.

Und das ist auch durchaus etwas, auf das man mit etwas Nachdenken selbst hätte kommen können.
"Meine Kinder werden wahrscheinlich nicht so, wie ich sie mir jetzt, vorher, vorstelle. Und vielleicht funktioniert nicht immer alles super mit ihnen. Und vielleicht machen sie Fehler. Vielleicht immer wieder, jahrelang. So sehr ich mich auch bemühe, so sehr ich auch versuche, alles richtig zu machen. Glaube ich, dass ich sie trotzdem lieben kann? Ja? Nein?"

Und dann kriegt man vielleicht einfach keine Kinder. Das ist ja auch nicht der Weltuntergang.

Sonntag, 18. September 2011

girl, we can do so much more together | 12. Mai 2011 16:09 tumblr

The thing about love is that we come alive in bodies not our own.
[let the great world spin, colum mccann]
Darauf will ich aber nicht warten. Ich würde auch ganz gerne in mir selbst leben können. Womit wir wieder beim alten Thema wären: Ich würde mich auch ganz gerne selber lieben. Ich würde mir auch ganz gerne selber sagen können:
girl, we can do much more together
[impossible soul, sufjan]
und nicht nur darauf warten und darauf hoffen, dass das irgendwann von außen kommt.
Diese Zwiegespaltenheit. Ein Teil von mir, der sagt “lieb mich, lieb mich, lieb mich”, und der andere Teil, der mich von Kopf bis Fuß mustert und “äähhhh NEIN!?” antwortet.

Mittwoch, 14. September 2011

Der hübsche Kontrabassist, oder, "Gegenseitiges Stalking ist doch eigentlich ziemlich romantisch." | 23. Juni 2011 22:30 tumblr

Wäre der hübsche Kontrabassist etwas mehr wie ich (und etwas mehr meine Liga), würde er vielleicht meinen Mitbewohner, der auch im Orchester ist, Zeug über mich fragen, worauf mein Mitbewohner vielleicht antworten würde, dass er sich nicht wohl dabei fühlt, vertrauliche Daten über seine Mitbewohner weiterzugeben, unabhängig davon, ob diese Mitbewohner selbst leicht stalkerhafte Verhaltensweisen an den Tag legen, worauf der hübsche Kontrabassist vielleicht ausrufen würde: “Aber denk doch mal drüber nach: gegenseitiges Stalking ist doch eigentlich ziemlich romantisch.”, worauf mein Mitbewohner den Kopf schütteln und “Aha! Ihr seid also beide vollkommen bekloppt! Meinen Segen habt ihr.” sagen würde. And they would have lived happily ever after.
[In diesem Szenario würde ich allerdings auch mich selbst stalken, nur halt in männlich und wesentlich attraktiver, was das ganze etwas inzestuös-creepy machen würde, abgesehen davon, dass ich einen Mann, der in der oben geschilderten Weise ist wie ich, vermutlich eher weniger anziehend finden würde. Ich wollte auch eigentlich nur meine These loswerden, dass gegenseitiges Stalking wirklich unheimlich romantisch ist. Auf eine unter Umständen verstörende und für Außenstehende nicht klar ersichtliche Weise, aber dennoch romantisch.]
[Ich stalke ihn übrigens nicht wirklich.]

what made my day | 17. Dezember 2010 01:25 tumblr

nach dem theater in der u-bahn sitzen. ein mann, vielleicht 50, steigt ein und will sich mir gegenüber setzen. ich setze mich etwas aufrechter hin, damit meine knie ihm nicht im weg sind. er lächelt mich an, aber nicht demonstrativ. “danke, das ist nett”. so ein lächeln. ich lese weiter. 
später, als der zug an meiner haltestelle einfährt, meine begleitung schon aufsteht und zur tür geht, ich die zeitung zusammenfalte und mütze und handschuhe nehme, wieder ein lächeln. “tschüss. nett dich kennengelernt zu haben. komm gut nach hause.” so ein lächeln. ganz ruhig, ganz unaufdringlich. diese ganz leise zwischenmenschlichkeit, wenn man sie nicht erwartet.
made my day.

Hallo, Internet.

Du kennst mich schon von anderen Orten, aber hier bin ich jetzt auch.

Ich werde wohl erstmal ein bisschen schon existierendes Zeug (also Texte von meinem tumblr, hauptsächlich) hierher verlagern. Um mein Ordnungsbedürfnis zu befriedigen und so. Und dann kommen auch andere Sachen. Sachen, bei denen ich mir denke "Wenn ich das auch noch in mein Tagebuch stopfe, dann kotzt es aber bald." oder "Das könnte auch andere interessieren." oder "Das interessiert vielleicht kein Schwein, aber ich finde das wichtig."

Das ist soweit der Plan.